Freitag
Gruene Heringe,
in Zeitung gewickelt,
trug ich nach Hause.
Sonnig und frostig
war das Wetter.
Hausmeister streuten Sand.
Im Treppenhaus erst
begannen Heringe
die Zeitung zu durchnaessen.
So musste ich Zeitungspapier
von Heringen kratzen,
bevor ich Heringe ausnehmen konnte.
Schuppen sprangen
und lenkten mich ab,
weil Sonnenlicht in die Kueche fiel.
Waehrend ich Heringe ausnahm,
las ich in jener Tageszeitung,
die feucht und nicht neu war.
Sieben Heringe bargen Rogen,
voller Milch waren vier;
die Zeitung jedoch war an einem Dienstag erschienen.
Schlimm sah es in der Welt aus;
Kredite wurden verweigert.
Ich aber waelzte gruene Heringe in trockenem Mehl.
Als aber Heringe in der Pfanne erschraken,
wollte auch ich duester und freudlos
ueber die Pfanne hinwegsprechen.
Wer aber
mag gruenen heringen
vom Untergang predigen?
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Wandlung
Ploetzlich waren die Kirschen da,
obgleich ich vergessen hatte,
dass es Kirschen gibt,
und verkuenden liess: Noch nie gab es Kirschen --
waren sie da, pltzlich und teuer.
Pflaumen fielen und trafen mich.
Doch wer da denkt,
ich wandelte mich,
weil etwas fiel und mich traf,
wurde noch nie von fallenden Pflaumen getroffen.
Erst als man Nuesse in meine Schuhe schuettete
und ich laufen musste,
weil die Kinder die Kerne wollten,
schrie ich nach Kirschen, wollt ich von Pflaumen
getroffen werden -- und wandelte mich ein wenig.
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Kirschen
Wenn die Liebe auf Stelzen
ueber die Kieswege stochert
und in die Baeume reicht,
moechte auch ich gerne Kirschen
in Kirschen als Kirschen erkennen,
nicht mehr mit Armen zu kurz,
mit Leitern, denen es immer
an einer Sprosse mangelt,
von Fallobst leben, Kompott.
Sue und suesser, fast schwarz;
Amseln traeumen so rot --
wer kuet hier wen,
wenn die Liebe
auf Stelzen in Baeume reicht.
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Die Ballade von der schwarzen Wolke
Im Sand,
den die Maurer gelassen hatten,
bruetete eine Henne.
Von links,
von dort kam auch immer die Eisenbahn,
zog auf eine schwarze Wolke.
Makellos war die Henne
und hatte fleissig vom Kalk gegessen,
den gleichfalls die Maurer gelassen hatten.
Die Wolke aber naehrte sich selber,
ging von sich aus
und blieb dennoch geballt.
Ernst und behutsam
ist das Verhaeltnis
zwischen der Henne und ihren Eiern.
Als die schwarze Wolke
ueber der makellosen Henne stand,
verhielt sie, wie Wolken verhalten.
Doch es verhielt auch die Henne,
wie Hennen verhalten,
wenn ueber ihnen Wolken verhalten.
Dieses Verhaeltnis aber
bemerkte ich,
der ich hinter dem Schuppen der Maurer stand.
Nein, fuhr kein Blitz
aus der Wolke
und reichte der Henne die Hand.
Kein Habicht nicht,
der aus der Wolke
in makellos Federn fiel.
Von links nach rechts,
wie es die Eisenbahn tat,
zog hin die Wolke, verkleinerte sich.
Und niemand wird jemals gewiss sein,
was jenen vier Eiern
unter der Henne, unter der Wolke,
im Sand der Maurer geschah.
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Lamento bei Regen
Trommeln stehen im Regen,
Eimer, wer hielt das Blech
dem Regen hin, dass die Trommel
bodenlos leerlaeuft, der Eimer
ueberlaeuft, aussagt;
niemals verweigert der Regen,
wenns regnet, den Blechtrommelvers:
- Du solltest dich nicht so erregen,
- es regnet nicht deinetwegen.
Aale regnet es strichweis
von einem Fluss in den aendern,
an beiden aalreichen Fluessen
stehen die Tafeln, verbieten
den Regen nicht, doch den Koeder;
und umgekehrt wie sich Regen
umgekehrt liest, heisst der Text:
- Sie sollten sich nicht so erregen,
- es regnet nicht ihretwegen.
Niederschlag heisst hier Regen,
Farbbaender, farblos gelockt,
aus Schreibmaschinen der Nachlass
zu frueh verstorbner Poeten,
die hundert hellblonden Hymnen,
dazwischen endlos Lamento;
getippt und kopiert ist der Text:
- Wir sollten uns nicht so erregen,
- es regnet nicht unseretwegen.
Haelt ihren Kopf in den Regen,
die Frau ohne Schirm steht im Regen
und schreit, weil aus bodenlos Eimern,
weil strichweis Aal ohne Koeder,
weil Farbbaender farblos, schreit sie,
bis schweinsledern Polizisten
kommen, schweinsledern verkuenden:
- Ihr sollt euch nicht so erregen,
- es regnet nicht euretwegen.
Nun regnet es auch im Kino,
der Regen auf Spulen laeuft ab,
der Film, der die Leinwand durchnaesste
mit Liebe, trennendem Flimmern,
er reisst nicht, sondern sie kuessen
sich fluesternd in Pelerinen
und fluestern auf Breitwand und fluestern:
- Geliebte, erregt dich der Regen,
- es regnet nur unseretwegen.
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Lamento
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Inventar
der die Ballade von der zerbrochenen Vase
Wir wollen uns wieder vertragen,
das Bett zum Abschied zerschlagen;
du hast zwar die Vase zerbrochen,
doch ich hab zuerst dran gerochen --
so kommt unser Glueck in die Wochen.
Vom Fenstersims rollen die Augen,
ein Buch zerfaellt im Spagat;
von Seite zu Seite boeser
verlangen die Brillenglaeser
Andacht und suendige Leser.
Der Schrank springt auf und erbricht
die Huete, erwuergte Krawatten,
die Hemden, wechselnde Haut,
auch Hosen mit brauchbarem Schlitz;
ein Bein ist des anderen Witz.
Das Bild will zurueck in die Heide,
die Ansichtspostkarte nach Rom,
der Koks moechte schwarz sein nicht rot;
im Ofenrohr kruemmt sich der Tod,
weil ihm der Erstickungstod droht.
Wer Zaehne putzt, kann nicht beichten,
wer beichtet, riecht aus dem Mund
und haelt die Hand vor, spricht leise:
Das Streichholz war meine Idee,
auch nehme ich Zucker zum Tee.
Der Tisch, nun zur Ruhe gekommen,
vier Stuehle treten sich tot,
die Flasche schnappt nach dem Korken,
der Korken haelt dicht und haelt still;
ein Korken macht, was er will.
Der Montag kommt wie die Regel:
des Sonntags peinlicher Rest
in alte Zeitung gewickelt;
wir trugen das Paeckchen nach Hause,
ein jeder des anderen Pause.
Jetzt wollen wir alles verkaufen,
das Haus mit Inventar,
den Schall der suessen Nachtigall
aus gelben Tapeten befreien,
dem Schrank seinen Inhalt verzeihen.
Wir haben uns wieder vertragen,
das Bett zum Abschied zerschlagen;
du hast zwar die Vase zerbrochen,
doch ich hab zuerst dran gerochen --
so kam unser Glueck in die Wochen.
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Ehe
Wir haben Kinder, das zaehlt bis zwei.
Meistens gehen wir in verschiedene Filme.
Vom Auseinanderleben sprechen die Freunde.
- Doch meine und Deine Interessen
- beruehren sich immer noch
- an immer den gleichen Stellen.
- Nicht nur die Frage nach den
- Auch Dienstleistungen:
- Halt mal den Spiegel.
- Gluehbirnen auswechseln.
- Etwas abholen.
- Oder Gespraeche, bis alles besprochen ist.
Zwei Sender, die manchmal gleichzeitig
auf Empfang gestellt sind.
Soll ich abschalten?
- Erschoepfung luegt Harmonie.
- Was sind wir uns schuldig? Das.
- Ich mag das nicht: Deine Haare im Klo.
Aber nach elf Jahren noch Spass an der Sache.
Ein Fleisch sein bei schwankenden Preisen.
Wir denken sparsam in Kleingeld.
Im Dunkeln glaubst Du mir alles.
Aufribbeln und Neustricken.
Gedehnte Vorsicht.
Dankeschoensagen.
- Nimm Dich zusammen.
- Dein Rasen vor unserem Haus.
- Jetzt bist Du wieder ironisch.
- Lach doch darueber.
- Hau doch ab, wenn Du kannst.
- Unser Hass ist witterungsbestaendig.
Doch manchmal, zerstreut, sind wir zaertlich.
Die Zeugnisse der Kinder
muessen unterschrieben werden.
- Wir setzen uns von der Steuer ab.
- Erst uebermorgen ist Schluss.
- Du. Ja Du. Rauch nicht so viel.
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Ausgefragt
Nach grossem und nach kleingemuenztem Zorn -
beliebtes Beispiel, dem man Zucker gab --,
nach soviel Damals und dem Salto
auf einem Hochseil, das periodenlang
gespannt war -- Arbeit ohne Netz --,
will, will ich, will ich ganz und gar ...
- Wie sieht es aus? -- Es sah schon schlimmer aus.
- Du hattest Glueck? --- Es lag am Koeder.
- Und was hast du gemacht seitdem?
- In Buechern steht, wie es sich besser machte.
- Ich meine, was hast du getan?
- Ich war dagegen. Immer schon dagegen.
- Und wurdest schuldig? -- Nein. Ich tat ja nichts.
- Und hast erkannt, was sich erkennen liess?
- Ja. Ich erkannte Gummi mit der Faust.
- Und deine Hoffnung? -- Log die Wuesten
- Und deine Wut? -- Sie klirrt als Eis im Glas.
- Die Scham? -- Wir gruessen uns von fern.
- Dein grosser Plan? -- Zahlt sich zur Haelfte aus.
- Hast du vergessen? -- Neuerdings, mein Kopf.
- Und die Natur? -- Oft fahr ich dran vorbei.
- Die Menschen? -- Seh ich gern im Film.
- Sie sterben wieder. -- Ja. Ich las davon ...
Wer seift mich ab? Mir ist mein Ruecken
so fern wie -- Nein! --
ich will nicht mehr vergleichen
und widerkaeuen, Silben stechen
und warten, bis die Galle schreibt.
- Ist es jetzt besser? -- Es sieht besser aus.
- Soll ich noch fragen? -- Frag mich aus.
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Tierschutz
Das Klavier in den Zoo.
Schnell, bringt das Zebra in die gute Stube.
Seid freundlich mit ihm,
es kommt aus Bechstein.
Noten frisst es
und unsere suessen Ohren.
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Bechstein'a
(1).
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Naechtliches Stadion
Langsam ging der Fussball am Himmel auf.
Nun sah man, dass die Tribuene besetzt war.
Einsam stand der Dichter im Tor,
doch der Schiedsrichter pfiff: Abseits.
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Prophetenkost
Als Heuschrecken unsere Stadt besetzten,
keine Milch mehr ins Haus kam, die Zeitung erstickte,
oeffnete man die Kerker, gab die Propheten frei.
Nun zogen sie durch die Strassen, 3800 Propheten.
Ungestraft durften sie reden, sich reichlich naehren
von jenem springenden, grauen Belag, den wir die
Plage nannten.
Wer haette es anders erwartet. -
Bald kam uns wieder die Milch, die Zeitung atmete auf,
Propheten fuellten die Kerker.
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Familiaer
In unserem Museum - wir besuchen es jeden Sonntag --
hat man eine neue Abteilung eroeffnet.
Unsere abgetriebenen Kinder, blasse, ernsthafte Embryos,
sitzen dort in schlichten Glaesern
und sorgen sich um die Zukunft ihrer Eltern.
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Diana -- oder die Gegenstaende
Wenn sie mit rechter Hand
ueber die rechte Schulter in ihren Koecher greift,
stellt sie das linke Bein vor.
Als sie mich traf,
traf ihr Gegenstand meine Seele,
die ihr wie ein Gegenstand ist.
Zumeist sind es ruhende Gegenstaende,
an denen sich montags
mein Knie aufschlaegt.
Sie aber, mit ihrem Jagdschein,
laesst sich nur laufend
und zwischen Hunden fotografieren.
Wenn sie ja sagt und trifft,
trifft sie die Gegenstaende der Natur
aber auch ausgestopfte.
Immer lehnte ich ab,
von einer schattenlosen Idee
meinen schattenwerfenden Koerper verletzen zu lassen.
Doch du, Diana,
mit deinem Bogen
bist mir gegenstaendlich und haftbar.
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K, der Kaefer
K, der Kaefer liegt auf dem Ruecken.
Sieht er den Himmel, die Langeweile
organisierter Wolken?
Sieht er die Zimmerdecke, den Spiegel,
der fleckige Laken zeigt, Tuecher,
auf denen der Schnee schmolz?
K, der Kaefer liegt auf dem Ruecken,
zaehlt seine Beine, vorher tat er das nie,
wie ein Pilot, dessen Fallschirm nein sagt,
nun knapp bis zehn zaehlt
und die Gebote meint --
oder es faellt ihm ein Witz ein.
K, der Kaefer liegt auf dem Ruecken,
dazu ein Pfennig, ein Blatt.
Doch den Pfennig findet die Mark
und das Blatt, beide Seiten -- der Wind lernt lesen.
Die Zigarette kommt in den Himmel,
zurueck bleibt der Kaefer.
K, der Kaefer liegt auf dem Ruecken.
Vorher rollte er sein Geheimnis,
Schuhe fuerchtete er,
doch von der Dampfwalze war ihm bekannt,
dass sie oft stehen bleibt
und nach Luft ringt.
K, der Kaefer liegt auf dem Ruecken,
liegt in seinem Gehaeuse, in einer Schuessel,
ruft zuerst sein Gefuehl,
dann jede Bewegung,
jenes Geraeusch vor der Stille
ruft er nach Hause, in sein Gehaeuse.
K, der Kaefer liegt auf dem Ruecken.
Lief Nurmi soeben vorbei, wollte die Zeit
ueberrunden? --
Frauen ergeben sich so, sind danach nur noch Anblick.
Kafka lag auf dem Ruecken,
und Kate Kruses beschaedigte Puppen,
wenn sie den Kindern entfallen, blicken uns nach.
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